Junge Muslim
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Junge Muslim
Ich bin Muslima, doch tatsächlich weiß ich mehr über den katholischen Glauben als über den Islam. Bis ich zwölf war, war ich überzeugt, dass ich Nonne werden würde. - Interview mit Yasemin Sannino, die an der Papst-CD-Alma Mater mitwirkte – Von Paul Badde
Rom www.kath.net/ Yasemin Sannino trug die höchsten High-Heels Roms, als sie am Abend des 10. November über der Endlostreppe zum Capitolhügel in der Basilika Santa Maria Ara Coeli nervös nach vorn zum Altar hin stöckelte. Man konnte die Luft anhalten aus Angst, dass sie sich etwas brechen könnte mit diesen Akrobatik-Schuhen. Doch dann stellte sie sich da vorne so fest in die Mitte des Chors, als bohre sie die Stiletto-Absätze in den Boden wie ein Bergsteiger seine Haken in die Steilwand schlägt, holte tief Luft und setzte mit einem Ton aus ihrem schlanken Körper an, der aus den Tiefen der Katakomben Roms zu kommen schien. Was war das? Ein andalusischer Cante Jondo? Ein portugiesischer Fado? Zwei Stirnfalten liefen angestrengt und streng in ihren Haaransatz hoch. Es war, als versammelte sie das Echo Umm Kalthoums in ihrer Stimme, der gestorbenen Hoffnung Afrikas, deren Beerdigung einmal ganz Kairo auf die Beine brachte. Es war gewaltig. Das blendende Licht starker Scheinwerfer brach sich hinter ihr im Gold der offenen Tabernakel-Tür, als sie leise absetzte und verstummte. Nun setzte der Chor um sie herum zur Lauretanischen Litanei an, verebbte – bis plötzlich die zerbrechliche Stimme Benedikt XVI. aus dem Off und den Archiven des Jahres 2005 dem Hymnus beitrat: „Regina Coeli – laetare halleluja“ – Freu Dich, Du Himmelskönigin!“ Benedikt XVI. war wenige Wochen zuvor zum Papst gewählt worden, als diese Aufnahme gemacht worden war.
Signora Sannino ist Muslima, ihre Mutter Türkin, der Vater Italiener, eine Großmutter Bosnierin, ein Großvater Tscherkesse aus Damaskus. Sie wurde in Istanbul geboren, zog als Kind mit den Eltern weiter nach Lybien, danach nach Melbourne in Australien. Türkisch und Englisch sind ihre ersten Sprachen, bevor sie später Arabisch und Italienisch lernte. Ihr Mann stammt aus Sassi di Matera in der Basilicata in Südtalien, wo schon Pier Paolo Pasolini und Mel Gibson ihre Filme drehten, und ihre Tochter heißt Greta („wie Greta Garbo“) doch sie selbst will vom „Clash of Civilisations“ noch nie nie etwas vernommen haben, wie sie der WELT lachend erzählte: „Absolut nicht. Den Unterschied zwischen Nord- und Süditalien empfinde ich als größer.“
Ihre Schönheit ist nicht ganz von dieser Welt. Yasemin Sannino hat ein klassisch mediterranes Profil, phantastisch volle Lippen und eine aparte Querfalte über der Oberlippe, wenn sie lacht - und sie lacht oft. Die Jazz-Sängerin hatte schon einen Universitätsabschluss in Chemie, bevor sie sich ganz der Musik zuwandte und hatte schon in zahlreichen Filmen eine Rolle gespielt, als 2007 der Komponist Stefano Mainetti sie anrief, weil er eine „nahöstliche“ Stimme für ein gigantisches Audio-Projekt suchte, in dem er die komplette Bibel mit den prominentesten Schauspielerstimmen Amerikas aufnehmen wollte. Danach sagte er ihr, dass er etwas anderes im Kopf habe, wofür er ihre Stimme noch einmal brauche. Die Sache habe etwas mit dem Papst zu tun. So lieferte sie ihren Part ab, den Stefano Mainetti danach für der ALMA MATER-CD des Papstes in seinem Baukasten aus Computer und Mischpult zu einem Nummer-Eins-Hit dieses Herbstes zusammen fügte.
Erst am 10. November traf Yasemin Sannino danach in der Basilica Ara Coeli mit der Stimme des Papstes selbst zusammen – die sich allerdings auch hier nur aus Lautsprechern dem realen Chor einfügte. Realistisch näher kam sie ihm Wochen später, als wir uns unter dem Fenster des Papstes auf dem Petersplatz noch einmal sahen. Ihre Tochter will sie bald taufen lassen. Die „starke und verletzliche“ Stimme des Papstes berührt sie immer noch tief, von der sie immer den Eindruck habe, „dass sie gleich bricht. Doch es geschieht nicht“. Ihre Eltern in der Türkei sind begeistert von der muslimisch-katholischen Co-Produktion. Und was ist mit ihren normalen Fans? Da lacht sie wieder: „Als in der Türkei ein erster Artikel über die CD erschien, hagelte es bei mir in Facebook sogleich hunderte von Nachrichten aus der Türkei. Alle freuten sich und waren begeistert, wie hier Religionen zusammen schwingen und singen können. Alle reagierten positiv.“ Sie selbst war perplex. Für sie war es hier doch vor allem nur um die Liebe ihres Lebens gegangen: um reine Musik.
DIE WELT: Wie kamen sie dazu, auf der CD des Papstes mit zu singen?
Yasemin Sannino: 2007 rief mich der Komponist Stefano Mainetti an, weil er eine „nahöstliche“ Stimme für ein Audio-Projekt suchte, in dem er die komplette Bibel aufnehmen wollte. Nach dieser Arbeit sagte er mir, dass er noch etwas anderes im Kopf habe. Er wüsste noch nicht, ob es gelinge, doch ich solle bitte vorbei kommen. So nahm er meine Stimme für diese CD auf. Ich wusste, dass es etwas mit dem Papst zu tun haben sollte, doch hatte keine Ahnung, dass mein „Regina Coeli“ in einem Stück münden würde, in dem der Papst singt. Erstmals habe ich das dann wirklich begriffen, als die CD am 11. November in der Ara Coeli Basilika neben dem Kapitol vorgestellt wurde, wo ich meinen Part noch einmal live sang - bevor am Schluss die Stimme des Papstes dazu eingespielt wurde.
DIE WELT: Wie finden sie seine Stimme?
Sannino: Sehr, sehr berührend. Ich habe bei ihr ständig den Eindruck, dass sie gleich bricht. Doch es geschieht nie. Sie ist verletztlich und stark zugleich. Wenn ich sie höre, ist es mir, als würde ich den irdischen Part des Stücks singen, bei dem meine Füße fest im Boden verankert sind, tief verbunden mit den Stimmen meiner Vorfahren, auf fast schon primitive Weise. Danach ist es, als würde der Chor der Frauen auf Zehenspitzen dazu kommen, bevor der Papst einsetzt und auf Französisch erzählt, dass Maria der Menschheit gibt, was sie am meisten brauchen: Hoffnung. Der Chor kommt mir da vor wie ein Bindeglied zu meine verschütteten Spiritualität: „Regina angelorum ora pro nobis – Königin der Engel, bitte für uns!“ Es berührt mich tief.
DIE WELT: Erzählen sie von ihrem Hintergrund?
Yasemin Sannino: Meine Mutter ist Türkin, mein Vater Italiener. Ich wurde in Istanbul geboren. Mein Vater war nach dem Krieg einer der ersten Angestellten bei der Alitalia. So sind wir viel umgezogen. Als Kind lebte ich deshalb auch acht Jahre in Tripoli in Lybien, danach über drei Jahre in Melbourne in Australien.
DIE WELT: Ihre Muttersprache ..?
Sannino: .. ist Türkisch. Ich sprach Türkisch mit meiner Mutter und Italienisch mit meinem Vater. Untereinander sprachen sie meist Englisch. Türkisch und Englisch sind meine ersten Sprachen.
DIE WELT: Und in Lybien …?
Sannino: .. habe ich auch Arabisch gelernt. Unser Kindermädchen war Ägypterin, die mit mir Arabisch sprach, sobald wir allein waren. Mein Großvater war Tscherkesse und meine Großmutter Bosnierin. Sie lebten in Damaskus. Auch mit ihnen sprach ich meist Arabisch.
DIE WELT: Woher stammt ihr Mann?
Sannino: Aus dem Süden. Geboren wurde er in Matera.
DIE WELT: Gab es nie einen Clash of Civilisations in ihrer Ehe?
Sannino: Absolut nicht. Den Unterschied zwischen Nord- und Süditalien empfinde ich als größer.
DIE WELT: Fühlen sie sich nicht zwischen Ost und West hin und hergezogen?
Sannino: Ich bin ein Kind der westlichen Welt, doch bin mir meiner türkischen Wurzeln sehr bewusst. Danach habe ich auch immer gesucht, besonders in der Musik. In Italien vermisse ich diesen Teil immer etwas, doch wenn ich in der Türkei bin, vermisse ich den anderen Teil. Die Türkei ist sehr verschieden von Italien und entwickelt sich rasend schnell. Als Teenager hatte ich da viel mehr Probleme mit all den Vorgaben, was man sagen oder tun sollte und durfte und was nicht.
DIE WELT: Wie heißt ihre Tochter?
Sannino: Greta. Wie Greta Garbo.
DIE WELT: Kennen sie die deutsche Gretchenfrage?
Sannino: Nein, wie heißt sie?
DIE WELT: Wie halten sie es mit der Religion?
Sannino: Ich bin Muslima. Meine Mutter ist Muslima. Doch mein Vater ist Katholik, der mich auf Nonnen-Schulen schickte. Ich bin Muslima, doch tatsächlich weiß ich mehr über den katholischen Glauben als über den Islam. Bis ich zwölf war, war ich überzeugt, dass ich Nonne werden würde.
DIE WELT: Und ihr Mann?
Sannino: … ist sehr religiös. Er geht regelmäßig zur Kirche und ist tief gläubig. Ich bin als Chemikerin eher wissenschaftsgläubig. Am liebsten verlasse ich mich auf empirische Daten und möchte gern immer die Kontrolle behalten über das, was ich tue. Das ist natürlich ermüdend, denn ab einem gewissen Punkt muss man sich ja doch immer auf andere verlassen. Mein Mann sagt immer wieder, ich solle früher nachgeben, weil es eine höhere Hand über mir gebe.
DIE WELT: Hören sie da auf ihn?
Sannino: Ja, manchmal gehe ich mit ihm zur Messe. Wenn ich Spiritualität suche, suche ich sie in christlichen Kirchen.
DIE WELT: Haben sie die Minarett-Debatte in der Schweiz verfolgt?
Sannino: Ja, doch ich sehe das Ganze weniger als ein kulturelles als ein städtebauliches Problem. Bei jedem Bau muss doch unter architektonischen Gesichtspunkten der Platz respektiert werden, wo und mit wem man zusammen lebt. Offen gestanden kann auch ich mir die Schweizer Berge und Almen voller Minarette nicht vorstellen.
DIE WELT: Wie erziehen sie ihre Tochter?
Sannino: Wir bereiten sie auf die Taufe vor. Meine muslimische Mutter fragt immer, wann wird sie getauft. Sie kann es nicht ertragen, dass sie gar nichts ist.
DIE WELT: Wie erklären sie ihrer Tochter Weihnachten?
Sannino: (lacht) Noch gar nicht, sie ist ja erst zweieinhalb. Jetzt haben wir erstmals am 8. Dezember einen Weihnachtsbaum aufgestellt. Greta war glücklich, die Lichter daran zu befestigen, bevor sie den ganzen Baum umkippte.
DIE WELT: Was denken ihre Eltern von der CD mit dem Papst?
Sannino: Sie sind begeistert.
DIE WELT: Ohne Berührungsangst?
Sannino: Komplett ohne. Ich hatte bisher eher Berührungsangst vor diesen Fragen. Denn ich habe bei dieser CD ja nicht aus religiösen Motiven mitgemacht. Doch als in der Türkei ein erster Artikel über die CD erschien, hagelte es bei mir in Facebook sogleich hunderte von Nachrichten aus der Türkei, die allesamt begeistert waren und sich freuten, wie Religionen zusammen schwingen und singen können. Alle reagierten positiv. Nur ich selbst war am reserviertesten dabei, weil es für mich ja hier vor allem um die Liebe meines Lebens ging: um die Musik.
Rom www.kath.net/ Yasemin Sannino trug die höchsten High-Heels Roms, als sie am Abend des 10. November über der Endlostreppe zum Capitolhügel in der Basilika Santa Maria Ara Coeli nervös nach vorn zum Altar hin stöckelte. Man konnte die Luft anhalten aus Angst, dass sie sich etwas brechen könnte mit diesen Akrobatik-Schuhen. Doch dann stellte sie sich da vorne so fest in die Mitte des Chors, als bohre sie die Stiletto-Absätze in den Boden wie ein Bergsteiger seine Haken in die Steilwand schlägt, holte tief Luft und setzte mit einem Ton aus ihrem schlanken Körper an, der aus den Tiefen der Katakomben Roms zu kommen schien. Was war das? Ein andalusischer Cante Jondo? Ein portugiesischer Fado? Zwei Stirnfalten liefen angestrengt und streng in ihren Haaransatz hoch. Es war, als versammelte sie das Echo Umm Kalthoums in ihrer Stimme, der gestorbenen Hoffnung Afrikas, deren Beerdigung einmal ganz Kairo auf die Beine brachte. Es war gewaltig. Das blendende Licht starker Scheinwerfer brach sich hinter ihr im Gold der offenen Tabernakel-Tür, als sie leise absetzte und verstummte. Nun setzte der Chor um sie herum zur Lauretanischen Litanei an, verebbte – bis plötzlich die zerbrechliche Stimme Benedikt XVI. aus dem Off und den Archiven des Jahres 2005 dem Hymnus beitrat: „Regina Coeli – laetare halleluja“ – Freu Dich, Du Himmelskönigin!“ Benedikt XVI. war wenige Wochen zuvor zum Papst gewählt worden, als diese Aufnahme gemacht worden war.
Signora Sannino ist Muslima, ihre Mutter Türkin, der Vater Italiener, eine Großmutter Bosnierin, ein Großvater Tscherkesse aus Damaskus. Sie wurde in Istanbul geboren, zog als Kind mit den Eltern weiter nach Lybien, danach nach Melbourne in Australien. Türkisch und Englisch sind ihre ersten Sprachen, bevor sie später Arabisch und Italienisch lernte. Ihr Mann stammt aus Sassi di Matera in der Basilicata in Südtalien, wo schon Pier Paolo Pasolini und Mel Gibson ihre Filme drehten, und ihre Tochter heißt Greta („wie Greta Garbo“) doch sie selbst will vom „Clash of Civilisations“ noch nie nie etwas vernommen haben, wie sie der WELT lachend erzählte: „Absolut nicht. Den Unterschied zwischen Nord- und Süditalien empfinde ich als größer.“
Ihre Schönheit ist nicht ganz von dieser Welt. Yasemin Sannino hat ein klassisch mediterranes Profil, phantastisch volle Lippen und eine aparte Querfalte über der Oberlippe, wenn sie lacht - und sie lacht oft. Die Jazz-Sängerin hatte schon einen Universitätsabschluss in Chemie, bevor sie sich ganz der Musik zuwandte und hatte schon in zahlreichen Filmen eine Rolle gespielt, als 2007 der Komponist Stefano Mainetti sie anrief, weil er eine „nahöstliche“ Stimme für ein gigantisches Audio-Projekt suchte, in dem er die komplette Bibel mit den prominentesten Schauspielerstimmen Amerikas aufnehmen wollte. Danach sagte er ihr, dass er etwas anderes im Kopf habe, wofür er ihre Stimme noch einmal brauche. Die Sache habe etwas mit dem Papst zu tun. So lieferte sie ihren Part ab, den Stefano Mainetti danach für der ALMA MATER-CD des Papstes in seinem Baukasten aus Computer und Mischpult zu einem Nummer-Eins-Hit dieses Herbstes zusammen fügte.
Erst am 10. November traf Yasemin Sannino danach in der Basilica Ara Coeli mit der Stimme des Papstes selbst zusammen – die sich allerdings auch hier nur aus Lautsprechern dem realen Chor einfügte. Realistisch näher kam sie ihm Wochen später, als wir uns unter dem Fenster des Papstes auf dem Petersplatz noch einmal sahen. Ihre Tochter will sie bald taufen lassen. Die „starke und verletzliche“ Stimme des Papstes berührt sie immer noch tief, von der sie immer den Eindruck habe, „dass sie gleich bricht. Doch es geschieht nicht“. Ihre Eltern in der Türkei sind begeistert von der muslimisch-katholischen Co-Produktion. Und was ist mit ihren normalen Fans? Da lacht sie wieder: „Als in der Türkei ein erster Artikel über die CD erschien, hagelte es bei mir in Facebook sogleich hunderte von Nachrichten aus der Türkei. Alle freuten sich und waren begeistert, wie hier Religionen zusammen schwingen und singen können. Alle reagierten positiv.“ Sie selbst war perplex. Für sie war es hier doch vor allem nur um die Liebe ihres Lebens gegangen: um reine Musik.
DIE WELT: Wie kamen sie dazu, auf der CD des Papstes mit zu singen?
Yasemin Sannino: 2007 rief mich der Komponist Stefano Mainetti an, weil er eine „nahöstliche“ Stimme für ein Audio-Projekt suchte, in dem er die komplette Bibel aufnehmen wollte. Nach dieser Arbeit sagte er mir, dass er noch etwas anderes im Kopf habe. Er wüsste noch nicht, ob es gelinge, doch ich solle bitte vorbei kommen. So nahm er meine Stimme für diese CD auf. Ich wusste, dass es etwas mit dem Papst zu tun haben sollte, doch hatte keine Ahnung, dass mein „Regina Coeli“ in einem Stück münden würde, in dem der Papst singt. Erstmals habe ich das dann wirklich begriffen, als die CD am 11. November in der Ara Coeli Basilika neben dem Kapitol vorgestellt wurde, wo ich meinen Part noch einmal live sang - bevor am Schluss die Stimme des Papstes dazu eingespielt wurde.
DIE WELT: Wie finden sie seine Stimme?
Sannino: Sehr, sehr berührend. Ich habe bei ihr ständig den Eindruck, dass sie gleich bricht. Doch es geschieht nie. Sie ist verletztlich und stark zugleich. Wenn ich sie höre, ist es mir, als würde ich den irdischen Part des Stücks singen, bei dem meine Füße fest im Boden verankert sind, tief verbunden mit den Stimmen meiner Vorfahren, auf fast schon primitive Weise. Danach ist es, als würde der Chor der Frauen auf Zehenspitzen dazu kommen, bevor der Papst einsetzt und auf Französisch erzählt, dass Maria der Menschheit gibt, was sie am meisten brauchen: Hoffnung. Der Chor kommt mir da vor wie ein Bindeglied zu meine verschütteten Spiritualität: „Regina angelorum ora pro nobis – Königin der Engel, bitte für uns!“ Es berührt mich tief.
DIE WELT: Erzählen sie von ihrem Hintergrund?
Yasemin Sannino: Meine Mutter ist Türkin, mein Vater Italiener. Ich wurde in Istanbul geboren. Mein Vater war nach dem Krieg einer der ersten Angestellten bei der Alitalia. So sind wir viel umgezogen. Als Kind lebte ich deshalb auch acht Jahre in Tripoli in Lybien, danach über drei Jahre in Melbourne in Australien.
DIE WELT: Ihre Muttersprache ..?
Sannino: .. ist Türkisch. Ich sprach Türkisch mit meiner Mutter und Italienisch mit meinem Vater. Untereinander sprachen sie meist Englisch. Türkisch und Englisch sind meine ersten Sprachen.
DIE WELT: Und in Lybien …?
Sannino: .. habe ich auch Arabisch gelernt. Unser Kindermädchen war Ägypterin, die mit mir Arabisch sprach, sobald wir allein waren. Mein Großvater war Tscherkesse und meine Großmutter Bosnierin. Sie lebten in Damaskus. Auch mit ihnen sprach ich meist Arabisch.
DIE WELT: Woher stammt ihr Mann?
Sannino: Aus dem Süden. Geboren wurde er in Matera.
DIE WELT: Gab es nie einen Clash of Civilisations in ihrer Ehe?
Sannino: Absolut nicht. Den Unterschied zwischen Nord- und Süditalien empfinde ich als größer.
DIE WELT: Fühlen sie sich nicht zwischen Ost und West hin und hergezogen?
Sannino: Ich bin ein Kind der westlichen Welt, doch bin mir meiner türkischen Wurzeln sehr bewusst. Danach habe ich auch immer gesucht, besonders in der Musik. In Italien vermisse ich diesen Teil immer etwas, doch wenn ich in der Türkei bin, vermisse ich den anderen Teil. Die Türkei ist sehr verschieden von Italien und entwickelt sich rasend schnell. Als Teenager hatte ich da viel mehr Probleme mit all den Vorgaben, was man sagen oder tun sollte und durfte und was nicht.
DIE WELT: Wie heißt ihre Tochter?
Sannino: Greta. Wie Greta Garbo.
DIE WELT: Kennen sie die deutsche Gretchenfrage?
Sannino: Nein, wie heißt sie?
DIE WELT: Wie halten sie es mit der Religion?
Sannino: Ich bin Muslima. Meine Mutter ist Muslima. Doch mein Vater ist Katholik, der mich auf Nonnen-Schulen schickte. Ich bin Muslima, doch tatsächlich weiß ich mehr über den katholischen Glauben als über den Islam. Bis ich zwölf war, war ich überzeugt, dass ich Nonne werden würde.
DIE WELT: Und ihr Mann?
Sannino: … ist sehr religiös. Er geht regelmäßig zur Kirche und ist tief gläubig. Ich bin als Chemikerin eher wissenschaftsgläubig. Am liebsten verlasse ich mich auf empirische Daten und möchte gern immer die Kontrolle behalten über das, was ich tue. Das ist natürlich ermüdend, denn ab einem gewissen Punkt muss man sich ja doch immer auf andere verlassen. Mein Mann sagt immer wieder, ich solle früher nachgeben, weil es eine höhere Hand über mir gebe.
DIE WELT: Hören sie da auf ihn?
Sannino: Ja, manchmal gehe ich mit ihm zur Messe. Wenn ich Spiritualität suche, suche ich sie in christlichen Kirchen.
DIE WELT: Haben sie die Minarett-Debatte in der Schweiz verfolgt?
Sannino: Ja, doch ich sehe das Ganze weniger als ein kulturelles als ein städtebauliches Problem. Bei jedem Bau muss doch unter architektonischen Gesichtspunkten der Platz respektiert werden, wo und mit wem man zusammen lebt. Offen gestanden kann auch ich mir die Schweizer Berge und Almen voller Minarette nicht vorstellen.
DIE WELT: Wie erziehen sie ihre Tochter?
Sannino: Wir bereiten sie auf die Taufe vor. Meine muslimische Mutter fragt immer, wann wird sie getauft. Sie kann es nicht ertragen, dass sie gar nichts ist.
DIE WELT: Wie erklären sie ihrer Tochter Weihnachten?
Sannino: (lacht) Noch gar nicht, sie ist ja erst zweieinhalb. Jetzt haben wir erstmals am 8. Dezember einen Weihnachtsbaum aufgestellt. Greta war glücklich, die Lichter daran zu befestigen, bevor sie den ganzen Baum umkippte.
DIE WELT: Was denken ihre Eltern von der CD mit dem Papst?
Sannino: Sie sind begeistert.
DIE WELT: Ohne Berührungsangst?
Sannino: Komplett ohne. Ich hatte bisher eher Berührungsangst vor diesen Fragen. Denn ich habe bei dieser CD ja nicht aus religiösen Motiven mitgemacht. Doch als in der Türkei ein erster Artikel über die CD erschien, hagelte es bei mir in Facebook sogleich hunderte von Nachrichten aus der Türkei, die allesamt begeistert waren und sich freuten, wie Religionen zusammen schwingen und singen können. Alle reagierten positiv. Nur ich selbst war am reserviertesten dabei, weil es für mich ja hier vor allem um die Liebe meines Lebens ging: um die Musik.
Anonym- Gast
Re: Junge Muslim
Prager Kardinal: Der Islam habe es in der Vergangenheit militärisch nicht vermocht, sich Europas zu bemächtigen, so der Kardinal. Heute kämpfe er mit der geistlichen Waffe, und die Muslime seien so perfekt bewaffnet, dass der Fall Europas drohe
Prag (kath.net/KNA) Der Prager Kardinal Miloslav Vlk warnt vor einer Zunahme islamischen Einflusses in Europa. Dabei nannte der Erzbischof tschechischen Medienberichten vom Mittwoch zufolge eine Entchristlichung Europas als Grund. Die Säkularisierung schreite fort und damit würden die geistigen und moralischen Grundlagen des Westens aufgegeben. «Vielleicht haben wir noch zehn Jahre eine Chance, uns dieser Entwicklung entgegenzustellen». Der Islam habe es in der Vergangenheit militärisch nicht vermocht, sich Europas zu bemächtigen, so der Kardinal. Heute kämpfe er mit der geistlichen Waffe, und die Muslime seien so perfekt bewaffnet, dass der Fall Europas drohe. Derzeit verbreite sich der Islam in Europa vor allem durch Zuwanderung und hohe Geburtenraten, sagte Vlk weiter. Das könne sich in Zukunft rasch ändern, wenn es zu einer Welle von Übertritten zum Islam komme. Unterdessen spekulierten tschechische Medien über mögliche Nachfolger für den 77-jährigen Vlk, der aus Altersgründen aus dem Amt scheidet. Als Favoriten nennen sie Bischof Dominik Duka von Hradec Kralove (Königgrätz) sowie Bischof Jan Baxant von Litomerice (Leitmeritz). (C) 2010 KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten. |
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